Schlaftypen & Schlafzyklen - was passiert wenn wir schlafen?
SCHLAFTYPEN UND -ZYKLEN
Der Begriff Schlaf ist so geläufig, dass wir darüber erst nachdenken, wenn er uns fehlt oder Alpträume uns beschäftigen. Und dennoch ist Schlaf etwas Verblüffendes. Die Vorstellung, dass wir unser Bewusstsein verlieren, aufhören, wir selbst zu sein, und die Kontrolle über unser Denken und unsere Bewegungen aufgeben, ist schrecklich für uns, und doch passiert genau dies jede Nacht, wenn wir schlafen.
BEGRIFFE UND VERSUCHE
Jahrhundertelang stellte man sich den Schlaf als Ruhezeit für Körper und Geist vor. Andere Vorstellungen waren weniger leicht verständlich. Aristoteles z. B. stellte sich vor, dass sich während des Schlafs die Dämpfe, die nach dem Essen vom Magen aufsteigen, sich verflüchtigten. Und dennoch hielt sich diese Theorie mehrere hundert Jahre lang. Noch im frühen 19. Jahrhundert glaubte man, dass tagsüber Blut ins Gehirn aufsteige und sich dort anstaue. Während des Schlafes flösse es in den übrigen Körper ab (daher sei es auch am besten, ohne Kopfkissen zu schlafen, damit das Blut leichter aus dem Gehirn abfließen könne). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts glaubten die Gelehrten, dass sich gewisse chemische Substanzen - wie Milchsäure, Kohlendioxid und Cholesterin - in den Stunden des Wachlebens ansammelten und während des Schlafes verringerten.
Doch nun, da diese Theorien verworfen worden sind, bleibt die Frage bestehen: Was ist der Zweck des Schlafes? Die meisten von uns brauchen acht Stunden Schlaf pro Nacht oder glauben, soviel zu brauchen, aber das trifft vielleicht gar nicht zu. Von Margaret Thatcher, der ehemaligen Premierministerin von England, hieß es, sie habe sich mit etwa vier Stunden Schlaf pro Nacht begnügt, und Traumlabore haben Personen, für die das ebenfalls zutrifft, in ihrer Kartei.
Jedoch gibt es bisher kein einziges Beispiel dafür, dass ein Mensch ganz ohne Schlaf auskommen kann. Leute, die behaupteten, „nie" zu schlafen, wurden unfehlbar dabei erwischt, dass sie zumindest fünf- bis zehnminütige Nickerchen machten.
Schon vor vielen Jahren versuchte man herauszufinden, wieviel Schlaf der menschliche Körper braucht. 1896 fanden im Psychologischen Labor von Iowa Versuche statt, bei denen eine Testperson drei Tage lang wachgehalten wurde und sich bei Versuchsende „genau so wohl wie sonst und am darauffolgenden Abend nicht schläfrig fühlte".
Im Januar 1964 blieb Randy Gardner, ein 17jähriger Oberschüler aus San Diego, unter der Aufsicht von Ärzten des nahegelegenen Schlaflabors der US-Marine elf volle Tage lang wach. Obwohl er in dieser Zeit manchmal Brechreiz bekam, Schwierigkeiten mit dem Nachsprechen von Zungenbrechern hatte und an Gedächtnislücken litt, wies er nach 14stündigem Schlaf im Anschluss an das Experiment weder an Geist noch Seele irgendwelche Krankheitszeichen auf. Außerdem schlief er in den beiden darauffolgenden Nächten nur sechseinhalb Stunden länger als sonst.
SCHLAFTYPEN UND -ZYKLEN
Es gibt noch keinen Fall, bei dem ein Schlafmangel zu physischer Krankheit geführt hätte, doch das Gehirn braucht vermutlich Schlaf. Messungen der Gehirnaktivität haben chemische Veränderungen nachgewiesen, die auftreten, wenn der Mensch seines Schlafes beraubt wird.

ERFORSCHUNG DER REM-PHASEN
Erst vor gut 40 Jahren begann man zu verstehen, was Schlaf wirklich ist. 1952 stellte ein Forscher fest, dass sich in bestimmten Schlafphasen die Augen der Testpersonen unter den geschlossenen Lidern rasch bewegten. Diese Augenbewegungen nannte man „rapid eye move-ments", und die Phasen, in denen sie auftraten, REM-Phasen. Drei Jahre später veröffentlichten Eugene Aserinsky und Nathan Kleitman eine grundlegende wissenschaftliche Arbeit über dieses Thema. Es stellte sich heraus, dass das Gehirn im REM-Schlaf stärker durchblutet wird, die Gehirntemperatur ansteigt, die Gehirnwellen im Elektroenzephalogramm (EEG) ein besonderes Muster zeigen und sowohl der Penis bei Männern als auch die Klitoris bei Frauen erigiert sind. Unregelmäßigkeiten der Atmung und des Herzschlags wurden registriert, auch herabgesetzte elektrische Aktivität in bestimmten Muskeln.
Man entdeckte auch, dass sich Testpersonen, die man aus dem REM-Schlaf aufweckte, meist an lebhafte Träume erinnern konnten. Hingegen behaupteten nur etwa sechs Prozent der Versuchspersonen, die man aus NREM-Schlafphasen (also Phasen ohne rasche Augenbewegungen) aufweckte, sie hätten geträumt. Es schien, dass der Mensch nur während des NREM-Schlafs „bewusstlos" ist und einen Zustand vollkommener Ruhe erlangt. Diese Entdeckungen waren so interessant, das sie zu einer Periode intensiven Studiums der Schlafmuster führten, und der Großteil unseres heutigen Wissens über das Wesen des Schlafs stammt aus Untersuchungen der anschließenden 20 Jahre.
SCHLAFZYKLEN
Mit dem Einschlafen beginnt ein Schlafzyklus - ein Muster, das sich in der Regel während der Nacht mehrmals wiederholt. Die Wissenschaftler unterscheiden vier Schlafphasen: Stufe I ist ein Hinübergleiten vom Wachzustand in den echten Schlaf; Stufe Il könnte man als „normalen" Schlaf bezeichnen. Stufe III ist das Absinken in den Tiefschlaf, d. h. den Schlaf der Stufe IV.
Mit Hilfe des EEGs können die Gehirnströme gemessen werden. Elektroden, die an der Kopfhaut befestigt werden, erfassen die etwa ein Millionstel Volt starken „Gehirnwellen", die verstärkt und auf Papierstreifen oder Band aufgezeichnet werden, so dass Schwankungen der Frequenz (Zahl der Wellen pro Sekunde) sichtbar werden. Vier Wellenarten wurden besonders untersucht: Betawellen (hochfrequente Wellen, die dann erscheinen, wenn das Gehirn angeregt oder ängstlich ist); Alphawellen (treten während der Meditation auf, wenn das Gehirn wach, aber entspannt ist); Thetawellen (Anzeichen für Schläfrigkeit oder leichten Schlaf) und Deltawellen (langsame, für den Tiefschlaf typische Wellen).
Wenn wir schlafen gehen, sinken wir rasch in den Tiefschlaf der Stufe IV, den NREM-Schlaf. Etwa nach einer Stunde beginnt eine etwa 10 Minuten andauernde REM-Schlafphase, in der Träume einsetzen, dann folg der „Anstieg" zurück durch die drei Stufen des NREM-Schlafes. Der gesamte Schlafzyklus dauert ungefähr 80 bis 90 Minuten. Während der ca. vier aufeinanderfolgenden Schlafzyklen einer Nacht werden die Phasen der REM-Schlafs immer ein wenig länger - die letzte vor dem Aufwachen am Morgen dauert etwa eine Stunde.
Von acht Stunden Schlafzeit sind also ungefähr sechs Stunden NREM-Schlaf, die übrigen zwei Stunden REM-Schlaf - „Zeit zum Träumen", knapp die Hälfte der Menschen erwacht nur aus NREM-Schlaf, und zu diesen zählen auch all diejenigen, die behaupten, „nie zu träumen. Manche Psychologen glauben, dass solche Menschen sich selbst unbewusst zu einem Zeitpunkt wecken, wenn sie nicht träumen, weil sie das unterdrücken möchten, was ihre Träume ihnen erzählen.
SCHLAF ALS PHYSISCHE ERHOLUNG
Es erscheint wahrscheinlich, dass während des NREM-Schlafs Körper und Geist ruhen und dass wir diese Art Schlaf zum Ausruhen und zur Erholung, aber auch für verschiedene andere Körperfunktionen - einschließlich des Wachstums - brauchen. Diese Art Schlaf ist außerdem in hohem Maße rhythmisch: Sie ist auf unseren Tagesablauf „synchronisiert", ebenso wie viele Körperfunktionen, die auch durch die Uhr geregelt werden.
Wenn wir auf einem Langstreckenflug acht bis zehn Stunden Zeitverschiebung verkraften müssen, braucht unsere „innere Uhr" einige Zeit, bis sie nachgestellt ist, und bis dahin geraten Blutzuckerspiegel, Körpertemperatur, Zahl der weißen Blutkörperchen, Nebennierentätigkeit und viele andere Körperfunktionen, aus dem Tritt", was wir als „jet lag" zu spüren bekommen. Bei manchen Menschen können Flugreisen durch mehrere Zeitzonen psychische Symptome hervorrufen, die wahrscheinlich auf einer Störung ihres NREM-Schlaf-musters beruhen.
DAS SCHLAFBEDÜRFNIS
REM-Schlaf scheint weniger für unseren Körper als vielmehr für unsere Psyche wichtig zu sein. Während Menschen mit zu wenig NREM-Schlaf einfach müde, ungeschickt und tranig wirken, werden Personen ohne REM-Schlaf überreizt, unfähig, sich zu konzentrieren, und sie können sich nur schlecht erinnern. REM-Schlaf hilft uns auch, Stress zu bewältigen.
Außerdem hat man herausgefunden, dass diejenigen, die zu wenig NREM-Schlaf finden, nur vorübergehend an Unannehmlichkeiten leiden, hingegen der REM-Schlafentzug also der Wegfall der Schlafphasen, in denen wir am meisten träumen - zu psychischen Störungen führt. Schlaftabletten zum Beispiel können die Dauer des REM-Schlafs verringern; wenn die Tabletten dann abgesetzt werden, kann der Patient in ein Schlafmuster mit ungewöhnlich hohem Anteil an REM-Schlaf verfallen, dessen Auswirkung unter Umständen Delirium im Wachzustand ist.
Die meisten gesunden Erwachsenen schlafen fünf bis neun Stunden pro Nacht.
Natürlich können Sie lernen, mit weniger Schlaf auszukommen - also die Schlafzeit um eine oder zwei Stunden zu kürzen, ohne sich damit Schaden zuzufügen (Sie können sich auch beibringen, länger als sonst zu schlafen).
Die Menschen unterschätzen häufig, wie lange sie wirklich schlafen. Vielleicht denken sie, sie haben eine oder zwei Stunden gebraucht, um einzuschlafen, dabei lagen sie nur 15 oder 20 Minuten wach. Ähnlich verhält es sich mit dem nächtlichen Erwachen: Manchmal glaubt man, man sei viel länger wach gewesen, als tatsächlich der Fall war.
SCHLAF UND ALTER
Mit zunehmendem Alter ändert sich unser Schlafmuster.
Die meisten Menschen finden es irgendwann zwischen sechzig und siebzig schwieriger, jede Nacht acht Stunden zu schlafen - aber auch, die ganze übrige Zeit des Tages wach zu bleiben.
Beide Fakten hängen zusammen:
Wenn wir anfangen, uns untertags kleine Nickerchen zu gönnen, zieht die Natur diese Zeit von unserem Nachtschlaf ab. Viele ältere Menschen beginnen so rund um zehn Uhr abends einzudösen; manche gehen dann ins Bett und schlafen dann fast auf der Stelle ein – wachen aber dafür früher als sonst auf. Eine Methode, dem gegenzusteuern, besteht darin, ein halbstündiges Schläfchen zu machen, wenn Sie anfangen, müde zu werden, und danach bis Mitternacht aufzubleiben; Sie werden dann wahrscheinlich bis acht oder neun Uhr morgens tief durchschlafen.
Es scheint, als ob der Grund, warum wir schlafen, nicht nur der ist, dass der Schlaf Geist und Körper Gelegenheit zum Ausruhen von den Tagesgeschäften gibt. Vielleicht brauchen wir den Schlaf auch, weil wir die Träume brauchen, und dieses Bedürfnis könnte in der Natur viel weiter verbreitet sein, als wir denken. Bei Neugeborenen macht der REM-Schlaf noch ungefähr die Hälfte des ganzen Schlafes aus; und REM-Schlaf wurde auch bei den meisten Säugetieren sowie bei Vögeln und Reptilien beobachtet.
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